DEK Nordstrecke: Neubau von 5 Schleusen, Techn. Ausrüstung
Ausgangslage
Der Dortmund-Ems-Kanal ist eine künstlich angelegte Wasserstraße und verbindet das Ruhrgebiet mit der Nordsee. Der Kanal wurde 1899 eröffnet und war damals 265 km lang, 30 m breit und 2,5 m tief. Um den Höhenunterschied von 70 m auf der gesamten Strecke zu überwinden, kamen 16 Schleusen und ein Hebewerk zum Einsatz. Der Dortmund-Ems-Kanal ist in eine Süd- und eine Nordstrecke unterteilt. Im südlichen Teil der Nordstrecke befindet sich die sogenannte „Schleusentreppe Rheine“, die aus sechs Schleusen besteht und auf einer Länge von 29 km einen Höhenunterschied von 29 m überwindet. Da in diesem Bereich Wasserknappheit herrschte, wurden die Schleusen sehr klein gebaut. Bereits nach wenigen Jahren konnten sie dem Schiffsaufkommen nicht mehr gerecht werden, sodass größere Schleusen gebaut wurden. Diese neueren und größeren Anlagen sind mittlerweile über 100 Jahre alt und nicht für die heute gängigen Schiffsgrößen ausgelegt. Die Schleuse Altenrheine wurde bereits 1974 umgebaut, sodass moderne Schiffstypen dort einfahren können. Somit bilden die verbleibenden fünf Schleusen (Bevergern, Rodde, Venhaus, Hesselte und Gleesen) ein Nadelöhr und zwingen große Schiffe einen Umweg von mehreren Hundert Kilometern zu fahren. Aufgrund der zu geringen Größe und dem Alter der Anlagen werden diese durch 5 neue, größere Schleusen mit einer Kammerlänge von jeweils 140 m und einer Kammerbreite von 12,5 m ersetzt.
Aufgabenstellung
Mit dem Neubau der fünf Schleusenanlagen wird der Dortmund-Ems-Kanal durchgängig für Großmotorgüterschiffe (GMS) befahrbar und ist gleichzeitig für eine mögliche nächste Ausbaustufe und somit für übergroße Großmotorgüterschiffe (üGMS) gerüstet.
Durch die Vielzahl der Schleusen auf engem Raum werden durch die Schleusentreppe große Wassermengen im Kanal abwärts bewegt. Um sicherzustellen, dass in allen Haltungen ausreichend Wasser vorhanden und somit die Schifffahrt gefahrlos möglich ist, wird bei allen fünf neuen Schleusen eine Freiwasserleitung gebaut. Außerdem erhalten die Schleusen Bevergern und Gleesen aufgrund der großen Hubhöhen von 8,1 bzw. 6,37 Meter mehrere Sparbecken. Somit kann ein Teil des Wassers aufgefangen und wiederverwendet werden. Die Hubhöhen der beiden Schleusen sind auch der Grund, warum diese beiden Schleusenkammern in massiver Bauweise errichtet werde, wohingegen die anderen drei Schleusenkammern in Spundwandbauweise entstehen.
Die Schleusensteuerung erfolgt von der Leitzentrale in Bergeshövede, für Notfälle werden die Schleusen trotzdem mit einem Bedienstand vor Ort ausgestattet. Um Planungssynergien zu nutzen sowie Herstellungs- und Wartungskosten zu senken, werden die fünf Schleusen, trotz sehr unterschiedlicher Hubhöhen (Bevergern: 8,1 m; Rodde: 3,8 m; Venhaus: 3,5 m; Hesselte: 3,36 m; Gleesen: 6,37 m), soweit möglich, technisch gleichartig konzipiert und ausgestattet.
Die Ingenieurgemeinschaft „DEK-Nord – Schleusen“ erbringt seit Projektbeginn Planungsleistungen in den Bereichen Objekt- und Tragwerksplanung sowie Technische Ausrüstung. Darüber hinaus werden SiGe-Pläne, eine Gefahrenanalyse, Konzepte für Brand-, Blitz-, Überspannungs- und Einbruchschutz erstellt sowie eine 3D-Simulation erarbeitet.
Leistungen
Zu Beginn des Projekts wurde eine Bedarfsabschätzung der benötigten elektrischen Leistung durchgeführt, damit der Netzbetreiber rechtzeitig die benötigte Energie für die Anlage zur Verfügung stellen kann. Pro Schleusenanlage planen wir außerdem eine Trafostation, Niederspannungsverteilungen und Unterverteilungen, das Kabelnetz sowie ein ausgefeiltes Trassensystem, um alle Verbraucher systematisch mit der benötigten Leistung zu versorgen. Zudem wurde eine Beleuchtungsberechnung durchgeführt, mit der die benötigte Beleuchtung für die Schleuse, die Vorhäfen sowie das Betriebsgelände ermittelt wird. Teil unseres Auftrags ist auch die Erarbeitung eines Erdungs- und Blitzschutzkonzepts, um Gelände, Gebäude, elektrische Geräte und Menschen vor den Folgen von Blitzeinschlägen zu schützen.
An jeder der fünf Schleusenanlagen befinden sich zwei Betriebsgebäude – eines am Unter- und eines am Oberhaupt. Hierfür wird die technische Gebäudeausstattung inklusive Lüftungs-, Kälte- und Fotovoltaik-Anlage geplant. Zudem wird für jede Schleuse die Steuerungstechnik sowie die Anbindung an die Leittechnik für die Fernsteuerung aus Bergeshövede konzipiert sowie eine Risikobeurteilung nach Maschinenrichtlinie durchgeführt und eine Musterbetriebsanleitung erstellt.
Darüber hinaus wurde eine Untersuchung zur Energieoptimierung durchgeführt und geprüft, durch welche Maßnahmen Energie eingespart werden kann, sodass trotzdem alle gültigen Normen und Vorschriften eingehalten sind. Es wurde auch eine Abschätzung der Betriebskosten für die geplante Anlage pro Schleusenstandort durchgeführt.
Um Vorabtests der Steuerungstechnik durchführen zu können, sowie als Schulungsgrundlage wurde ein 3D-Simulationsmodell der Schleuse Gleesen erarbeitet. Weiterhin wurde für jede der drei Schleusen in Spundwandbauweise (Rodde, Venhaus, Hesselte) eine KKS-Anlage (KKS = Kathodischer Korrosionsschutz) geplant und dimensioniert, um die Spundwände vor Korrosion zu schützen.
Herausforderungen und Besonderheiten
Im Bereich der Binnenschifffahrt ist es nicht möglich, dass alle Schiffe einen Umweg fahren, weil bestimmte Schleusen wegen Neubau oder Modernisierung mehrere Monate oder gar Jahre geschlossen sind. Deshalb müssen die bestehenden Schleusen während der gesamten Bauphase weiterhin sicher betrieben werden können, was hohe Ansprüche an die Planungsgemeinschaft stellt und etliche Provisorien mit sich bringt. Um das Projekt in einem zeitlichen Rahmen zu halten, werden zudem mehrere Schleusenstandorte parallel bearbeitet, jedoch in unterschiedlichen Planungsphasen.